Im Fokus: Studierende in Belarus

Die Kraft des freien Denkens
Studierende bei Protesten vor 2020
Sowohl 2006 als auch 2010 sind es vor allem junge Menschen, die nach wieder einmal unfreien Präsidentschaftswahlen auf die Straßen gehen.
Die Folge: Verhaftungen, Schikanen, Exmatrikulation.
Viele sahen damals keine Zukunft mehr für sich in Belarus, verließen das Land und fassten Fuss in ihrer neuen Heimat. Heute engagieren sie sich in der weltweiten Diaspora.

Das belarusische Bildungssystem
in der Hand des Regimes
Das belarusische Bildungswesen unterliegt einer rigiden staatlichen Kontrolle: Hochschuldirektor:innen werden direkt vom Präsidenten ernannt. 2020 wurden die meisten Wahllokale in Schulen eingerichtet und Lehrer:innen gezwungen, die Protokolle zugunsten von Lukaschenko zu fälschen. Dies führte zu großen Konflikten mit Eltern, die das Vertauen in die Schulen verloren.
1. September 2020:
Studierende streiken am “Tag des Wissens”
Tausende Studierende ziehen am 1. September auf die Straßen von Minsk - als Antwort auf die nicht enden wollende Gewalt gegen friedlich Demonstrierende und die Fälschung der Wahlergebnisse im August.
Die Hochschulen bestrafen die Aktivist:innen auf Anordnung "von ganz oben": Mitte November 2020 waren bereits 300 Studierende exmatrikuliert, viele von ihnen erhielten umgehend den Einberufungsbefehl in die Armee.
Solidarität und Kreativität
Jede Festnahme und jeder aufgelöste Protest bestärkt jedoch die Solidarität und Kreativität der Studierenden. Sie koordinieren sich über Telegram-Kanäle, gründen Hilfsinitiativen und Organisationen wie die "Honest University", die unter Druck oder in Haft geratenen Studierenden und Lehrkräften helfen.
Studieren im Exil
Aufgrund zunehmender Verfolgung und Bedrohung müssen viele Studierende das Land verlassen - oft Hals über Kopf. Wie Tausende andere fliehen die meisten nach Litauen, Polen oder in die Ukraine. In Deutschland gibt es inzwischen Stipendien-programme für bedrohte Studierende, wie das Hilde-Domin-Programm des DAAD. Auch deutsche Universitäten setzten sich ein: So hat die Europa-Universität in Frankfurt (Oder) sechs geflüchtete Student:innen aus Belarus aufgenommen.
"Säuberungswelle” und ideologische Erziehung
Verträge unliebsamer Lehrkräfte an Schulen und Universitäten werden nicht verlängert
ein neues Gesetz erlaubt die fristlose Entlassung nach Verurteilung wegen Protestaktivitäten
die "militärisch-patriotische Erziehung" an den Universitäten wird ausgebaut
orthodoxe Gelehrte sollen Kinder in Schulen "auf den richtigen Weg bringen"
die Nationale Technischen Universität lässt eine Video-Überwachungsanlage für ca. 40.000€ installieren

Scheinprozesse in Belarus
Immer mehr Studierende werden in absurden Scheinprozessen zu hohen Geld- und Haftstrafen verurteilt.
Der bekannteste Fall ist der sogenannte “Studenten-Prozess”:
Am 16. Juli 2021 werden elf Studierende und eine Dozentin, die zum Ende der staatlichen Gewalt aufgerufen hatte, zu jeweils zwei bis zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.
Der Prozess fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Selbst Diplomat:innen durften ihm nicht beiwohnen.






Die Studierenden lassen sich nicht unterkriegen:
Die Jura-Studentin Ekaterina Vinnikova beweist Mut in ihrer Abschlussrede.
29. Juni 2021, Diplomverleihung der juristischen Fakultät Minsk: gekleidet in den verbotenen Farben der Opposition, nannte Ekaterina Vinnikova unschuldig inhaftierte Anwälte wie Maxim Znak und inhaftierte Dozent:innen ihrer Fakultät "leuchtende Vorbilder" für jede:n Jurist:in.
Großer Jubel im Saal.
15 Tage Arrest für Ekaterina.